Samstag, 19. September 2015

Bürgerversammlung Asyl


Die erste  Bürgerinformationsveranstaltung Asyl fand sehr großes Interesse bei der Bevölkerung. Mehrere hunder Besucher waren ins KUS gekommen. 
Auf dem Podium konnte Bürgermeister Schweiger begrüßen: Landrat Wolfgang Berthaler, Dr. Diller vom Landratsamt, Markus Reiter von der Polizei Bad Aibling, Landtagsabgeordneter Otto Lederer und Ursula Borkenhagen, Vorsitzende vom Sozialen Netzwerk und vom Asyl-Helferkreis.

Landrat Wolfgang Berthaler
Nach einer kurzen Eröffnung durch Bürgermeister Schweiger erläuterte Landrat Wolfgang Berthaler die derzeitige Situation.
Im letzten Jahr seien 200.000 Flüchtlinge gekommen, heuer sollten es nach ersten Schätzungen 300.000 werden, später 450.000, dann 600.000 und jetzt 800.000 oder mehr. Das Istaufkommen an Flüchtlingen im Moment für den Landkreis seien 1723 Menschen, das Soll würde aber bei 1977 liegen, zugeteilt nach dem Königsteiner Schlüssel.

 
Wöchentlich würden 74 Menschen bald 100 vors Landratsamt gestellt und dann heiße es, diese unterzubringen. Zur Zeit fänden sich pro Woche etwa 30-40 Wohnungsplätze, daher seien je Woche 60 Asylsuchende übrig.

 
Daher sei die Entscheidung für Turnhallen gefallen, erst Raubling, dann Bad Aibling, dann Prien. In Raubling sei die Halle zwar wieder leer, sie müsse aber erneut belegt werden. Eine Belegung der Turnhallen in Wasserburg und Bruckmühl werde wohl noch nötig sein.

 
Hier in Feldkirchen-Westerham habe man das Angebot für die Tennishalle bekommen, darum werde diese nun belegt. Mit dem Besitzer sei man sich handelseinig. Die Halle würde mit 270 Flüchtlingen belegt werden. Es gehe nicht mehr anders. Wahrscheinlich werde es sogar nötig sein nach dem Apfelmarkt in Feilnbach eines der Zelte dort zu mieten.

 
Danach ging Landrat Berthaler noch kurz auf die politische Situation ein. In der Problematik seien Berlin und Europa gefordert. „Wir sind nur Erfüllungsgehilfen, also bitte nicht auf uns schimpfen.“ erklärte der Landrat.
In Berlin sei lange nicht auf das Thema eingegangen worden, es wäre für die Bundespolitiker immer nur ein Problem der Bayern gewesen. In Berlin sei das Thema verkannt worden.
Landrat Berthaler schloss, es handle sich um eine gesellschaftliche Herausforderung, die nicht von ihnen zu ändern sei. Sie seien nur Erfüllungsgehilfen.
„Wir können es nur gemeinsam schaffen und müssen fair und ehrlich miteinander umgehen!“


Dr. Diller
Als nächstes sprach Dr. Diller, im Landratsamt zuständig für soziale und kommunale Angelegenheiten und derzeit nur mit der Flüchtlingsthematik beschäftigt.
Die Menschen kämen auf zwei Routen nach Deutschland:
  • übers Mittelmeer mit kleinen Booten, dann über Italien und Österreich
  • die Landroute aus dem arabischen Raum über Türkei, Griechenland, Bulgarien...
Der Treffpunkt der beiden Routen ist Bayern.
In der Erstaufnahme sind derzeit 4000-5000 Menschen pro Tag. Die Schließung der Bayernkaserne im Oktober 2014 wegen Überlastung erfolgte, weil damals 450 am Tag ankamen.
 
Zum Ablauf der Verfahren führte Dr. Diller aus, dass nach der anfänglichen Registrierungen  ein grobes Kurzscreening beim Arzt folge, da die Menschen teils ewig ohne medizinische Betreuung unterwegs seien. Dann würden Asylantrag und Erstaufnahme-Einrichtung kommen. Hier würde  dann eine große ärztliche Untersuchung vorgenommen nach Infektionen, TBC, HIV usw.

 
3 Monate nach der Erstaufnahme kämen die Flüchtlinge dann nach Rosenheim. Darauf folgt ein langes Warten meist ungefähr ein Jahr.
Wegen des geltenden Asylgesetzes stünden keine Gelder für Maßnahmen wie Deutschkurse zur Verfügung. Daher sei das Ehrenamt für die Betreuung so wichtig. Helfer seien auch versichert!
Die Asylbewerber bekämen 330 Euro für Kleidung und Essen. In Hallen gibt es Essensversorgung, das zustehende Geld werde entsprechend gekürzt.
Er schloss mit dem Hinweis: „Nicht wundern: Alle haben Smartphones.“ Das sei für sie so wichtig wie Schuhe und Kleidung. Es sei die einzige Möglichkeit Kontakt nach Hause zu halten und Infos zu bekommen.

Markus Reiter, Polizei Bad Aibling
Markus Reiter begann: „Ich darf zwar, aber kann nix sagen.“ 400 Flüchtlinge seien im Gebiet. Es habe Streitigkeiten bei den Asylbewerbern untereinander gegeben, aber keine Einsätze für uns. Sie hätten sich  im Revier auch anfangs gedacht, was da wohl auf sie zukäme, aber es sei einfach nichts passiert.
  
Diskussion
In der anschließenden Diskussion formulierten vor allem Anwohner aus dem Müllerland ihre Bedenken. Sie brachten Ängste und Besorgnis zum Ausdruck und äußerten ihren Unmut darüber, dass sie und Feldolling sämtliche Flüchtlinge der Gemeinde zu beherbergen hätten.

Landrat Berthaler und Dr. Diller verwiesen auf die schwierige Situation und dass sie mit dem Rücken zur Wand stünden. Dezentrale Unterbringung funktioniere bei diesem Massenansturm nicht mehr. 

Auf den Einwurf eines Anwohners, durch die vielen herumlungernden Asylanten komme es zu Bodenwertminderungen, antwortete Dr. Diller, bei einer Anmietzeit von 4 Jahren, gäbe es keine Bodenwertminderung. Die Leute seien natürlich in der Gegend unterwegs, da es ja eine Halle und kein Gefängnis sei.

„Außerdem fliegen die Moltowcoktails rein und nicht raus. Ich kann natürlich keine Garantie geben, dass kein Spitzbube darunter sein wird, aber wenn sie 270 Oberbayern paar Monate in eine Halle setzen, gibt‘s da auch Konflikte.“

Ursula Borkenhagen 
Als nächstes sprach Ursula Borkenhagen über den schon vorhandenen Helferkreis der Gemeinde. Der Asylhelferkreis bestehe seit der Versammlung am Vortag aus 75 Menschen. Es handle sich nicht um einen Verein, sondern sei ein freier Zusammenschluß mit einem Leitungsteam von drei Personen.

Ansprechpartner für die Bürger und fürs Landratsamt seien die Leiter. Dazu gäbe es verschiedene Helferbereiche:
  • Sprachförderung
  • Alltagsbewältigung
  • Freizeit und Sport
  • Kultur, Religion
  • Arbeit und Beschäftigung
  • Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
 Je Bereich gäbe es zwei Leute aus dem Helferkreis als Zuständige. Alle Bereiche seien schon mit 2 Leitern versehen, außer Arbeit und Beschäftigung.


Danach rief sie alle auf im Helferkreis mitzuwirken, oder auch auf das extra eingerichtete Konto bei der Gemeinde Geld zu spenden. 
„Mitmachen kann am besten Ängste abbauen.“ 
Zum Schluß brachte sie noch ein Zitat, das ihr sehr gefalle: 
„Du kannst gegen Krieg sein, du kannst gegen Gewalt sein, du kannst gegen Terror sein, aber nicht gegen die Menschen die davor fliehen.“

Otto Lederer
Am Ende der Veranstaltung um etwa 21:30 Uhr erläuterte Otto Lederer noch kurz aus der landespolitischen Sicht das Problem.

In den letzten Jahren gab es weniger als 2% Anerkennung bei den Asylbewerbern. Aber ein Drittel fielen unter ein anderes Recht. Syrer kommen unter der Genfer Flüchtlingskonvention, die Anerkennung erfolgt wegen des Bürgerkriegs.

Asyl zielt auf persönlich Verfolgte – sei es aus politischen, religiösen oder Gründen der sexuellen Orientierung.


Die Hoffnung ist, dass nach dem Krieg viele wieder zurückgehen.

2013 seien über 100.000 Flüchtlinge gekommen - Wohnungen wurden gesucht im Landkreis, die Flüchtlinge hätten alle untergracht werden können..
2014 seien es 200.000 gewesen, also Weitersuche nach Wohnungen, aber der Wohnungsmarkt ist begrenzt, gerade in unserer Region.
Heuer werden es bis zu 1 Million werden, deshalb müsse man die Ressourcen die wir haben, gut nützen. Also werde in Bayern eben unterschieden zwischen geringer und großer Anerkennungswahrscheinlichkeit. Es müsse einfach eine Kräftekonzentration auf die Menschen geben, die wirklich unsere Hilfe brauchen.
Am Ende rief der Landtagsabgeordnete noch dazu auf, aus der Situation das Beste zu machen und offen auf die Menschen zuzugehen.

Insgesamt war es eine erfolgreiche Veranstaltung mit vielen Informationen. Erfreulicherweise stand der überwiegende Teil des zahlreichen Publikums dem Thema positiv gegenüber. Natürlich liegt die Last auf dem Müllerland, aber der Rest der Gemeinde ist zur Unterstützung aufgerufen. Durch Mitarbeit im Asylhelferkreis oder Unterstützung dessen durch Spenden ist die Situation sicher zu bewältigen.

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